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Umweltbaubegleitung

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Ganz frisch ist die Kartierung aus dem Jahr 2016 neu ergänzt worden. Dafür muss das Vorkommen von geschützten Tierarten über ein Jahr beobachtet und festgehalten werden. Es wird dabei genau untersucht, welche geschützten Arten ihren Lebensraum im Umfeld der Brücke haben. Aus diesen Erkenntnissen werden wiederum Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen entwickelt, um den Eingriff in die Natur so gering wie möglich zu halten. 

 

Die Talbrücke Rahmede und das umliegende Gelände sind Lebensraum für Wanderfalken, Haselmäuse sowie Fledermäuse wie Abendsegler,  Zwerg-, Langohr und Zweifarbfledermäuse. Da mit dem Abriss des Bauwerks ihre Habitate vorerst verloren gehen, wurden Ersatzquartiere geschaffen.

Meet Cristoph Schleifer

Nistplätze für Wanderfalken werden in enger Abstimmung mit der AG Wanderfalken (Naturschutzbund Deutschland (Nabu)) geschaffen. Für die Fledermäuse werden drei Stollenöffnungen freigelegt und sogenannte Fledermaustürme gebaut. Für die unter der Brücke lebende Haselmaus werden abseits des geplanten Baufeldes und der Baustraßen 300 Nistkästen, sogenannte Kobel, aufgehängt.

Gesucht und dokumentiert werden unter anderem Tierarten, die zu planungsrelevanten Arten gehören, die laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) in NRW vorkommen. 

Nicht alle in der Faunistischen Planungsraumanalyse (FPF) aufgeführten zu untersuchenden Arten gehören zu den planungsrelevanten Arten. So sind alle europäischen Vogelarten besonders geschützt, aber nicht zwangsläufig in NRW planungsrelevant. 

Im Rahmen der Faunakartierung werden z. B. die vorkommenden Vogelarten (nicht nur die planungsrelevanten Arten) erfasst und dokumentiert.

Sämtliche Artenschutzmaßnahmen werden von einer Umweltbaubegleitung überprüft. Diese trägt zudem Sorge dafür, dass auf der Baustelle alle Vorgaben in Hinblick auf Naturund Artenschutz eingehalten werden.

Erst wenn sichergestellt ist, dass die Ausgleichsmaßnahmen weitgehend funktionsfähig sind, kann das Neubauprojekt beginnen.

 

Umweltbaubegleitung: Interview mit der Biologin Julia Schielmann

Umweltbaubegleitung (UBB) an der Talbrücke Rahmede bedeutet: Ein strenger und stetiger Blick auf Tiere und Pflanzen im Bereich aller Baumaßnahmen.

Die Biologin und Ökologin Julia Schielmann von der NZO-GmbH in Bielefeld übernimmt die Umweltbaubegleitung (UBB) an der Baustelle Talbrücke Rahmede. Das heißt, sie begleitet die gesamte Maßnahme und kontrolliert, ob bei der Umsetzung der Vorbereitungs-, Abriss- und Neubauarbeiten die Belange des Umwelt- und Naturschutzes berücksichtigt und Umweltschäden vermieden werden. Ziel ist es, einen zügigen und reibungslosen Bauablauf hinzubekommen. Dazu gehört unbedingt auch die Kontrolle der Umsetzung der umweltrelevanten Maßnahmen.

 

Frau Schielmann, wie genau prüfen Sie, ob sämtliche Artenschutzmaßnahmen eingehalten wurden und werden? Wie kann ich mir das vor Ort vorstellen?

 

Die Umweltbaubegleitung tauscht sich mit den Umweltplanungsbüros regelmäßig aus und steht dauerhaft mit der Autobahn GmbH dahingehend in Kontakt, welche Maßnahmen gerade umgesetzt werden und worauf geachtet werden muss. Ferner wird vor Ort überprüft, ob die notwendigen Maßnahmen auch eingehalten werden. Die Ergebnisse werden in Protokollen festgehalten. Zusätzlich werden in der Regel zu den durchgeführten Maßnahmen noch Ergebnisberichte von den zuständigen Umweltplanungsbüros erstellt. 

Es wird zum Beispiel kontrolliert, ob zu rodende Gehölze vor der Fällung auf einen Besatz durch Vögel oder Fledermäuse untersucht wurden, damit diese durch das Vorhaben nicht verletzt oder getötet werden. Falls das noch nicht passiert ist, werden Gehölze vor einer Fällung auf eine tatsächliche Nutzung kontrolliert. Ist an einem Baum zum Beispiel eine Specht-Höhle vorhanden, muss diese mittels Endoskop-Kamera kontrolliert werden, ob sie von Fledermäusen oder Vogelarten genutzt wird. Ist die Höhle unbesetzt, wird sie verschlossen und der Baum kann anschließend gefällt werden. Weiterhin wurden bereits Ersatzquartiere aufgehängt, die zum Beispiel den Fledermäusen als Ausweichhabitat zur Verfügung stehen. 

 

 

Findet Ihre Arbeit ausschließlich draußen statt?

 

Nein, nicht nur. Wenn auf der Baustelle nicht viel passiert, zum Beispiel aufgrund von Witterungsbedingungen, ist für die UBB vor Ort auch nicht viel zu tun. Darüber hinaus unterstützt unser Büro aber auch bei der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen. Hierfür fallen in unterschiedlichem Umfang Tätigkeiten vor Ort und im Büro an. 

Vor Ort finden regelmäßig Abstimmungen mit der Autobahn GmbH, den ausführenden Firmen und der unteren Naturschutzbehörde statt. Dadurch und für Untersuchungen bin ich mindestens einmal wöchentlich im Gelände. Aber es werden vom Schreibtisch aus zum Beispiel auch die Ausführungsunterlagen im Hinblick darauf geprüft, ob umweltfachliche Aspekte ausreichend berücksichtigt werden. 

Der Umfang der Arbeiten ist stark vom Bauablauf abhängig und kann völlig unterschiedlich ausfallen. Finden umfangreiche Maßnahmen statt, so muss man schon mal mehrere Tage vor Ort sein. Bei den Untersuchungen vor Ort unterstützt die UBB das Planungsbüro, das mit der Umsetzung der Maßnahmen beauftragt wurde. Teilweise wurden Untersuchungen auch komplett von der UBB übernommen. 

 

Welche zum Beispiel?

 

Bereits im vergangenen Sommer wurden die streng geschützten Haselmäuse umgesiedelt und nach der Schaffung von Ersatzquartieren Fledermäuse aus den Pfeilern vergrämt. Ich persönlich habe drei oder vier Haselmäuse umquartiert. Das sind nette possierliche Tierchen, die auch sehr schnell sein können, wenn sie wach werden. Sie schlafen tagsüber und wir haben alle 14 Tage die sogenannten Nest-Tubes im Gelände kontrolliert. Diese Lebendfallen bestehen aus einer wellblechartigen Plastikröhre und einem Holzsteg, der die Röhre an einem Ende verschließt und werden an geeigneten Stellen, zum Beispiel in der Nähe von Nahrungsquellen an Sträuchern und Bäumen, befestigt. Die festgelegten Standorte galt es zu kontrollieren. Wenn eine Maus drin war, haben wir das Gefäß verschlossen und das Tier in geeignetes Gelände umgesiedelt. Jetzt, nach der Rodung und Umgestaltung des Geländes, ist dies nicht mehr nötig. Es sind im Baugelände schlicht keine geeigneten Strukturen mehr, in die die Tiere einwandern könnten und Gefahr laufen, getötet zu werden. 

 

Was gilt es weiter zu beachten?

 

Bei allen Projekten, ob nun Windkraft oder Straßenbau, müssen besonders und streng geschützte Arten berücksichtigt werden, damit die Tiere vor Ort durch das Vorhaben nicht gefährdet werden. In der Regel wird dafür im Rahmen eines Artenschutzfachbeitrages vorab geprüft, welche Arten bzw. Artengruppen durch das Vorhaben betroffen sein könnten und es werden entsprechende Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnahmen für betroffene Arten entwickelt. Im Fall der Rahmede-Talbrücke wurden bereits streng geschützte Haselmäuse umgesiedelt, für Vögel Nistkästen aufgehängt und auch für Fledermäuse wurden neue Quartiere in Form von Fledermauskästen, Fledermaustürmen und geöffneten unterirdischen Stollen geschaffen. Parallel wurden bisher durch die Arten genutzte Strukturen innerhalb des Baufeldes entfernt. Unter anderem wurden Gehölze gerodet und Öffnungen am Bauwerk verschlossen. 

 

Und was passiert aktuell, nachdem all diese Maßnahmen bereits ergriffen wurden?

 

Der Bereich, in dem dieses Jahr Bauarbeiten stattfinden, wurde den Winter über und auch schon im letzten Sommer vorbereitet, so dass es nicht zu artenschutzrechtlichen Konflikten kommt – durch Umsiedlung der Haselmäuse, Beseitigung von geeigneten Habitat-Strukturen wie Gehölze und vieles mehr. Trotzdem müssen auch während der Vegetationsperiode, die bereits begonnen hat, Maßnahmen durchgeführt werden, damit Vögel und Fledermäuse nicht vorhandene Strukturen, die bisher nicht beseitigt wurden, in diesem Jahr als Fortpflanzungsstätte nutzen. 

Die als Ersatz neu geschaffenen Quartiere werden nun regelmäßig überprüft, ob eine Besiedlung stattfindet. Darüber hinaus wird aber auch weiter im Bereich des Baufeldes geschaut, dass sich nicht doch wieder geschützte Arten während der Bauphase ansiedeln. Aktuell werden Vogelvergrämungsmaßnahmen durchgeführt, damit in der anstehenden Vegetationsperiode keine Vögel an dem Brückenbauwerk mit dem Brutgeschäft beginnen. Dazu haben wir von Industriekletterern zum Beispiel störendes Flatterband an den Brückenpfeilern anbringen lassen. Mindestens dreimal die Woche ist jemand von uns oder vom Planungsbüro für mehrere Stunden, vorzugsweise am Morgen zur Hauptsingzeit vieler Vögel, vor Ort und beobachtet, ob es eine Aktivität gibt. Wir nutzen dazu das Fernglas, horchen nach Reviergesängen. Sie geben uns Hinweise zum Balzverhalten und dazu, wo die Tiere das Revierzentrum haben. Falls wir entsprechende Beobachtungen machen, müssen wir kurzfristig reagieren und die Tiere vergrämen, damit sie sich nicht ansiedeln. Alle Beobachtungen werden in einem Beobachtungsprotokoll auf einem Online-Portal festgehalten. Da es im Tagesverlauf auch noch artspezifische Zeitfenster gibt, passen wir unseren Beobachtungszeitraum auch diesen regelmäßig an.

 

Stehen Sie auch in Kontakt zu den Naturschutzverbänden?

 

Der Kontakt mit den Naturschutzverbänden besteht in erster Linie über die Autobahn GmbH. Es finden regelmäßig Abstimmungstermine statt, bei denen der aktuelle Stand der Maßnahmen vorgestellt wird. An den Terminen nehmen neben den Naturschutzverbänden auch die zuständigen Umweltbehörden, die Autobahn GmbH, die ausführenden Umweltbüros und die UBB teil. Zum Teil findet auch ein direkter Austausch statt, wenn es um konkrete Umsetzungen geht.